Wenn die Uhr in Dinkelsbühl 21 Uhr schlägt, ist es wieder so weit: Der Nachtwächter macht seine Runde. Bei einer einzigartigen Stadtführung können sich Gäste der ehemaligen Reichsstadt von dem nächtlichen Wächter durch die abendlichen Gassen von Dinkelsbühl führen lassen und dabei der ein oder anderen Anekdote lauschen.
Die Dinkelsbühler Altstadt mit ihrem malerischen und mittelalterlichen Stadtbild versprüht ihren ganz eigenen Charme. Sobald es dunkel ist, zieht der Nachtwächter mit seiner Laterne durch ihre beschaulichen Straßen und holprigen Gassen und lässt sein Hornsignal dreimal erklingen.
Bereits zu früheren Zeiten war der Nachtwächter ein städtischer Bediensteter, der nach genauen Anweisungen seinen Rundgang zu machen hatte, wie es im Archiv der Stadt Dinkelsbühl nachzulesen ist. Zu seinen Aufgaben gehörte es, für Ruhe und Ordnung zu sorgen. So warnte er die schlafenden Bürgerinnen und Bürger beispielsweise vor Feuern und Dieben und überwachte das ordnungsgemäße Verschließen der Haustüren und Stadttore.
Bis zum 1. Juli 1889 gab es in Dinkelsbühl außer der Polizeimannschaft noch vier dieser Wächter, die ihren Dienst antraten. An Sonn- und Feiertagen wurden diese noch durch acht Stillwächter unterstützt. Es galt schließlich, in der Freien Reichsstadt einen großen Wohlstand zu schützen. Auch gehörte es häufig zu seinen Aufgaben, die Stunden anzusagen. „Hört, Ihr Leute, und laßt Euch sagen …“, schallt es dann auch heute noch durch die Dunkelheit, wenn der Wächter seine Verse erklingen lässt.
Eine Stadtführung mit besonderem Charme
Nun nimmt der Nachtwächter seine Gäste mit auf seinen Spaziergang. Damals wie heute beginnt seine Runde am Marktplatz. Treffpunkt ist das aus dem 15. Jahrhundert stammende Münster St. Georg, das einen imposanten Anblick bietet. Weiter geht es durch Gassen und zu Häusern, an denen der nächtliche Wächter „einen Schrei“ zu tun hatte. Auch an einigen Wirtshäusern und Gasthöfen geht es vorbei. Am Rothenburger Tor sowie am Wörnitztor sollte er früher zudem rütteln und zum dortigen Wachmann hinaufrufen, um zu kontrollieren, ob dieser noch wache. Anschließend musste er auf die Mauer gehen und in die Wörnitz-Vorstadt „einen Schrei“ tun.
Wie heute, so waren es auch früher über 20 Plätze und Häuser, vor denen der nächtliche Wächter seinen „Abdankvers“ singen und Polizeistunde gebieten sollte. Es ist eine kleine Reise voller Anekdoten, Sprichwörter und interessanter Fakten über die mittelalterliche Stadt.
Info: Nachtwächterrundgang
- April bis Anfang November und in der Weihnachtszeit: allabendlich ab 21 Uhr
- November bis März: jeden Freitag und Samstag ab 21 Uhr
- Treffpunkt: Münster St. Georg, Marktplatz
- Dauer: ca. 60 Minuten
- Kostenfrei
- Vorherige Anmeldung nicht erforderlich