Baden und Schwimmen in fließenden Gewässern – das ist heute nur noch ein seltenes Erlebnis. Das Wörnitzbad in Dinkelsbühl ist eines der wenigen Flussbäder, die den Sprung in die Gegenwart geschafft haben. Auch in Ellwangen und Crailsheim wurde viele Jahrzehnte in der Jagst gebadet.
In der Frühen Neuzeit war Körperpflege durch Waschen und Baden eher verpönt. Puder, Perücken und Parfüm galten damals als schick. Ende des 18. Jahrhunderts stellte sich ein Bewusstseinswandel ein: Ab dieser Zeit, vor allem aber im 19. Jahrhundert, wurden öffentliche Badeanstalten wieder salonfähig. Man erkannte zunehmend ihre Bedeutung für Hygiene und Gesundheit. So entstanden in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts öffentliche Bäder.
Sonnenbaden an der Jagst in Crailsheim
in Crailsheim zog es die Menschen an die Jagst zum Baden. „Spätestens seit Ende der 1880er Jahre existierte eine städtische Badeanstalt an der Jagst“, schildert Folker Förtsch, Leiter des Crailsheimer Stadtarchivs. Er hat 2018 über das Jagstbad geschrieben und Wissenswertes zusammengetragen. Gebadet wurde in Crailsheim idyllisch unterhalb der Johanneskirche an einem Bogen der Jagst. Es gab schattenspendende große Bäume, eine große Liegewiese und ein Umkleidehaus. Die Anlage wurde nicht nur als Schwimmbad beworben, sondern auch als „Luft- und Lichtbad“ beziehungsweise „Sonnenbad“.
Zentrale Bedeutung hatte die Sittsamkeit im ausgehenden 19. und frühen 20. Jahrhundert. So wurden unterschiedliche Badebereiche abgegrenzt: So gab es etwa 1923 einen eigenen „Männerbadplatz“, ein „Frauenschwimmbad“, einen separaten „Knabenbadplatz“ und einen solchen für Mädchen. Diese Aufteilung verlor sich in den folgenden Jahrzehnten. 1958 wurde das Jagstbad um ein Lehrschwimmbecken im Bereich der Liegewiese erweitert, das für Kinder und für Personen gedacht war, denen das Schwimmen im Fluss nicht behagte.
Stadtkernumgehung durchkreuzt Flussbad
In den späten 1970er Jahren wurde für die südliche Stadtkernumgehung im Bereich des Jagstbades eine neue Straßenbrücke über die Jagst errichtet. Das war das Aus für das Flussbad der Stadt. Die Zeit zwischen der Schließung des Jagstbades bis zum Bau der Brücke nutzten die Crailsheimer noch und badeten „auf eigene Gefahr“, wie ein Zeitungsartikel von 1975 beschreibt. Sie ließen sich auch nicht davon vergraulen, dass die Einstiegshilfen oder die Umkleidekabinen abgebaut wurden. Crailsheim verfügte zu diesem Zeitpunkt bereits über ein Hallenbad. Und von 1979 bis 1981 wurde im Maulachtal das moderne neue Fünf-Becken-Freibad fertiggestellt.
Die Ellwanger und ihr wanderndes Jagstbad
„Die ersten Hinweise auf das Baden in der Jagst finden sich im Ellwanger Stadtarchiv als im Jahr 1820 ein königlicher Erlass die Stadt dazu verpflichtete, am Jagstufer Badebereiche zu markieren“, berichtet Dr. Anselm Grupp. Der Leiter des Ellwanger Kulturamts ist in die Geschichte des Ellwanger Flussbades eingetaucht und hat in einem Aufsatz die wichtigen Entwicklungen beschrieben und die vielen Umzüge an der Jagst entlang skizziert. „Die ersten ausgewiesenen Badebereiche lagen vor dem Bau der Bahnlinie an der Postwiese beim Haus des Totengräbers und bei Rotenbach“, zitiert Grupp aus den ersten Hinweisen. Die erste öffentliche Badeanstalt ist dann für das Jahr 1870 dokumentiert. Die zweite Badeanstalt wurde dann im Jahr 1893 auf Höhe des früheren Bauhofgeländes „mit Kabinetten für Damen und Herren“ sowie Badehosen und Handtüchern zum Ausleihen eröffnet.
Wasserqualität und üble Gerüche
1930 wurden die Gebäude des Freibads auf die linke Uferseite verlegt und ein neuer Steg in Höhe des heutigen Jugendzentrums über die Jagst gebaut. Zum zweiten Jagstbad gehörten das Kassenhäuschen der Badewärterin, hölzerne Umkleidekabinen für Frauen und Männer, ein offener Umkleidebereich für Jugendliche und Kinder, Holzliegen sowie drei voneinander getrennte Sonnenbadbereiche. Zusätzlich gab es noch das sogenannte Bubenbad. „Dass es an der Jagst sittsam zuging, dafür sorgte die Badewärterin namens Michel, die mit gestrengem Blick den Badebetrieb verfolgte“, erzählt Anselm Grupp.
Doch auch dieser Standort wurde aufgegeben – 1947. Der Grund: Auf dem benachbarten Bauhofgelände wurde Schutt gelagert, was zu üblen Gerüchen führte. Die Stadt baute nun am Badeplatz bei Rotenbach – wo bereits Polizeischüler, Kinder des evangelischen Landwaisenhauses und SS-Soldaten gebadet hatten – ein neues Badehaus. Um badefreudige und Schwimmschüler kümmerte sich Bademeister Paul Giersberg. Das Jagstbad bei Rotenbach sorgte – trotz zeitweiligem Schwimmverbot – bis etwa 1966 für sommerliches Vergnügen. Anlass für die Verbote waren wiederkehrende Probleme mit der Wasserqualität, da viele Ortschaften das Abwasser ungeklärt in die Jagst leiteten.
Erst Muckenweiher, dann Kressbachsee
Aus diesem Grund wurde schon im Jahr 1953 der offizielle Badebetrieb der Stadt an den Muckenweiher bei Ellenberg verlegt, wohin die Ellwangerinnen und Ellwanger bis 1963 mit dem Postbus befördert wurden. Doch schon zwei Jahren hatten Stadtverwaltung und Gemeinderat beschlossen, den neuen Stausee im Kressbachtal als Stadtbad einzurichten. Aus dem ursprünglich geplanten großen Schwimmbecken mit acht Bahnen und drei Sprungtürmen wurde allerdings nichts, da die erhofften Zuschüsse ausblieben. Angeschafft wurde ein Badefloß, das noch heute am Kressbachsee im Wasser liegt. Genauso wie das Badehaus, das vom Muckenweiher zurückgeholt wurde. So mündete das Freibaden in der Jagst schließlich in einem schönen Waldseebad.
Heute noch in der Wörnitz baden
Das Wörnitz-Strandbad ist eines der letzten Flussbäder in Bayern und eines der wenigen in Deutschland. Es entstand aus einer privaten Badeanstalt – 1844 gegründet von Joseph Anton Ruf. Er betrieb ein Bleichgeschäft und bot „zu jeder Stunde des Tages warme und kalte Bäder“ an. Davon berichtet Herrmann Maier in der Reihe Alt-Dinkelsbühl 2006. Weitere Bademöglichkeiten gab es damals für Erwachsene vor dem Nördlinger Tor und für die „werktagsschulpflichtige männliche Jugend“ vor dem Rothenburger Tor. Nach dem Tod von Ruf im Jahr 1866 übernahm sein zweitgeborener, gleichnamiger Sohn die Badeanstalt. Er gilt als Grunder des Wörnitz-Freibades und erhielt für seine Verdienste den Ehrentitel „Ökonomierar“. Ab 1883 gab es eine Rufsche Schwimmschule und 1887 wurden Kabinen und Bassins gebaut.
Privatbad wird städtisch
Die städtischen Baupläne, ein neues Familienbad zu realisieren, scheiterten immer wieder. Währenddessen war die Badeanstalt Ruf auf Erfolgskurs. 1919 folgte Otto Karl Ruf seinem unverheiratet gebliebenen Onkel Joseph Anton Ruf Junior. Immer wieder machte die Wahrung der Sittlichkeit Probleme. Deshalb erteilte die Stadtverwaltung Auflagen: Die Badekabinen mussten verblendet werden, eine Aufsichtsperson musste anwesend sein, wenn der Besitzer nicht da war. Auch eine strenge zeitliche Trennung von Geschlecht und Alter wurde angeordnet.
Die Ära Ruf ging 1936 zu Ende. 6000 Mark erhielt Otto Ruf als Ablösesumme von der Stadt und war weiterhin für die Bewirtschaftung mit alkoholfreien Getränken und Brotzeiten zuständig. Die Zeit des städtischen Wörnitz-Strandbades begann. 1996 wurde die Freizeiteinrichtung denkmalgerecht renoviert.
Noch heute können Besucherinnen und Besucher den wunderschönen Blick auf die Dinkelsbühler Altstadt beim Baden genießen. Es gibt eine große Liegewiese mit Spielbereich. Das Freibad ist mit zwei beheizten Kinderbecken aus Edelstahl ausgestattet. Aqua-Trampolin und eine Rutsche machen den Badespaß komplett. Das Wasser der Wörnitz wird in regelmäßigen Abständen vom Gesundheitsamt untersucht.
Der Boots- und Tretbootverleih wird in den Sommermonaten von Groß und Klein für eine „Spritztour“ an der Stadtmauer angenommen. Auch SUP – Stand-Up-Paddeling – ist auf der Wörnitz mit ihren Nebenarmen zum Entdecken bestens möglich. Die Naturfreunde Dinkelsbühl bieten zudem Kanufahrten an.