183. Fränkisches Volksfest: Ein spannender Blick in die Geschichte

Ein König der Landwirte – Gründung des Landwirtschaftlichen Bezirksvereins

Als 1815 der indonesische Vulkan Tambora ausbrach, hatte dies weitreichende Folgen für die Menschen in Europa. Die Vulkanasche verdunkelte jahrelang den Himmel und sorgte für Klimaveränderungen, die zu Missernten und Hungersnöten in Württemberg führten. Hinzu kamen die Kriegswirren der erst kürzlich beendeten napoleonischen Kriege. Wilhelm I. bestieg also zu einer denkbar ungünstigen Zeit den württembergischen Thron.

In weiser Voraussicht stärkte der König von Beginn seiner Amtszeit die Landwirtschaft und wurde von Zeitgenossen sogar als rex agricolarum (König der Bauern) betitelt. Er rief 1817 bereits zur Gründung eines Landwirtschaftlichen Vereins auf und schuf zur Förderung der Bauern 1818 das Landwirtschaftliche Institut in Hohenheim. Außerdem gab der Monarch den Anstoß, eine landwirtschaftliche Leistungsschau in Verbindung mit einem Fest abzuhalten. Noch im selben Jahr ging daraus das Cannstatter Volksfest hervor und diente als Vorbild für kommende Veranstaltungen im Königreich.

Ein königliches Doppelfest

Mitte des 19. Jahrhunderts feierten Land und Leute in Württemberg gleich zwei bedeutende Ereignisse. König Wilhelm I. beging 1841 seinen 60. Geburtstag und zugleich sein 25. Thronjubiläum. Zu Ehren des Monarchen veranstaltete das gesamte Königreich ein berauschendes Doppelfest. Verantwortlich für die Festivitäten war der im selben Jahr im Gasthof Lamm gegründete „Landwirtschaftliche Bezirksverein für das Oberamt Crailsheim“ in Zusammenarbeit mit weiteren städtischen Gremien. Das „vaterländische Doppelfest“, wie es im Intelligenz-Blatt vom 24. September 1841 heißt, wurde mit Glockenläuten und Böllerschüssen begonnen. Bereits früh am Morgen stimmten „Musik und Festgesang“ vom Stadtturm (heute Rathausturm) die Crailsheimer auf den Festtag ein.

Eine „Procession“, ähnlich dem modernen Umzug am Volksfest-Sonntag, führte die Festgemeinschaft zum Gottesdienst. Anschließend luden allerlei „jugendliche Volksbelustigungen“ auf den freien Platz „im Wasserstall“ (heutiger Volksfestplatz) ein. Das festliche Treiben beendeten die Crailsheimer unter „innigsten Segenswünschen“ an ihren König auf einem fröhlichen Ball im Gasthaus zum „Goldenen Ritter“.

Eine Tradition entsteht!

Mutige Luftakrobatinnen

Zur „Volksbelustigung“ ließen sich die Veranstalter des Fränkischen Volksfests allerhand einfallen. 1898 gastierte der „dickste und schwerste Mann der Welt“ in Crailsheim. Der gute Kerl brachte ganze 472 Pfund (ca. 214 kg) auf die Waage und präsentierte sich als „Ballet-Dame“ und „graziöse Tänzerin“. Eindrucksvoll und bis heute in Erinnerung bleibend, ist der kühne Auftritt von Käthe Paulus. Die Luftakrobatin sorgte 1906 für den Auftritt des Jahres, als sie mit einem Gasballon ohne Korb und Gondel vom Festplatz in die Lüfte startete. Die mutige Luftschifferin saß auf einem Eisenring und winkte den Schaulustigen noch lange zu. Eine halbe Stunde später landete sie wohlbehalten in Musbach bei Feuchtwangen.

Ebenso waghalsig präsentierte sich 1927 und 1930 die Kunstluftschifferin Elvira Wilson aus Hamburg, die sich kopfunter an einem schwebenden Ballon hängend präsentierte. Immer umfangreicher und spektakulärer wurden die Attraktionen und Showeinlagen. Hunde- und Pferderennen waren ebenso beliebt wie die Film-Vorführungen der Kinematographen.

Ein besonderer Höhepunkt war 1913 die Landung des Luftschiff „Viktoria Luisa“ in Crailsheim.

Engel-Bier gehört zum Volksfest!

Abschied und Vorfreude

Für Gäste von „Außerhalb“ mag es eine kuriose Eigenheit sein, für alteingesessene Volksfestbesucher eine liebgewonnene Tradition: die mitternächtliche Beerdigung am Volksfest-Montag. Ein Brauch, der in den 1930er Jahren entflammte, in den 50ern in Vergessenheit geriet und schließlich 2009 wiedererwachte. Traditionell wird am letzten Tag das Volksfest in Form einer Puppe unter den Dielen der Ehrentribüne im Engelzelt „beerdigt“ und auch wenn das Volksfest zu Ende geht, so wird doch die Vorfreude auf das nächste Mal mit jedem neuen Tag umso größer.

Die Vorfreude auf das nächste Fränkische Volksfest ist grenzenlos. Foto: Julien Fertl

Info: Alles rund ums Fränkische Volksfest findet ihr hier auf der neuen Website der Stadt Crailsheim.