2024 ist das große Jubiläumsjahr der Konrad-Biesalski-Schule. Seit 50 Jahren gibt es sie schon in Wört. Begleitet uns auf einer Zeitreise durch die spannenden Entwicklungen der letzten Jahrzehnte!
In den letzten 50 Jahren wurde der Schulalltag an der KBS nie langweilig und der Veranstaltungskalender war stets gefüllt. In den vielen Jahren haben sich oft aus persönlichem Engagement der Lehrkräfte heraus Veranstaltungen entwickelt, die mittlerweile auf eine lange Tradition zurückblicken können. Die Jumbofahrt ist nur eine davon. Biker aus dem Bekanntenkreis von Initiator und Lehrer Josef Sebastian Winter packten erstmals 1997 Schüler:innen in ihre Motorrad-Gespanne und bretterten über die Landstraßen des Ostalbkreises. Was für ein ohrenbetäubender Lärm, wenn 30 „Jumbos“ im Pausenhof die Motoren anschmeißen – welch strahlende Kinderaugen das jedes Mal hinterlässt. Die Liste an solchen Highlights ist lang – Skischullandheim, Benefizkonzert, Sommerfeste – und zeigt deutlich, dass das Engagement aller „KBSler“ weit über die 6. Stunde hinausgeht und man sich gerne dafür einsetzt, mit den Kindern über den schulischen Horizont hinauszublicken – damals wie auch heute.
Ein Blick zurück auf die Gründungsjahre (1974 – 1984)
Die Anfänge der KBS sind eng mit der Gemeinde Wört verstrickt. 1968 entschied der Gemeinderat, dass in Wört eine Grund- und Hauptschule für die drei Gemeinden Wört, Ellenberg und Stödtlen gebaut werden soll. Während der Bauphase zeichnete sich jedoch ab, dass der Komplex nie mit genügend Grund- und Hauptschüler:innen gefüllt werden kann. Im Sommer 1970 kam die sich im Rohbau befindliche Baustelle zum Stillstand. Und die Gemeinde Wört sah sich unter Druck gesetzt, eine neue Verwendung für den Komplex zu finden.
Was dann passiert, kann man nur als großen (glücklichen) Zufall bezeichnen. Im Stuttgarter Landtag demonstrierten damals Menschen mit Behinderung gegen fehlende oder unzureichende schulische Angebote. Wörts Bürgermeister Helmut Wurst meldete sich nach dem Fernsehbericht beim Landtagspräsidenten und bot den leerstehenden Schulraum in Wört an. Der Tipp aus Wört wurde direkt an eine der Demo-Initiatoren weitergeleitet, der damaligen Karlsruher „Fördergesellschaft für Behinderte“. Zügig sahen sich das private Rehabilitationszentrum und der Vorgänger der heutigen Reha-Südwest für Behinderte gGmbH, den Bau in Wört an und kaufte ihn schließlich der Gemeinde Wört ab. Der Trägerverein investierte nochmals eine Million DM (Deutsche Mark), um mit dem ursprünglichen Planer des Hauses, Architekt Andreas Engelhardt aus Aalen, den Rohbau auf die speziellen Bedürfnisse der künftigen Schüler:innen mit körperlichen Beeinträchtigungen weiter auszubauen. Während fleißig gebaut wurde, startete am 18. September 1974 der Schulbetrieb in Wört unter Schulleitung des damaligen Direktors Michael Seydaack mit sieben Kindern unterschiedlichen Alters, alle mit einer körperlichen Beeinträchtigung. Auch die wenigen Grundschüler aus Wört gingen hier noch zur Schule, bis 1982 das jetzige Gebäude der Wörter Grundschule gebaut wurde. Bereits im November 1974 sind es 11 Schüler:innen. Nach und nach meldeten weitere Eltern ihre Kinder an der KBS an – schon damals auch teilweise aus der Region Heidenheim. Da lag es nahe, dass der Karlsruher Träger ein der Schule angegliedertes Internat bauen wollte. Bis dies umgesetzt war, fand man ein Gebäude in Ellenberg, das übergangsweise als Internat diente.
Die KBS im Aufbau (1984 – 1994)
Zum 10. Geburtstag im Jahr 1984 besuchten bereits 120 Kinder mit körperlicher und/oder geistiger Einschränkung die damals unter dem Begriff Heimsonderschule bezeichnete Schule. Davon waren 50 Internatsschüler. Zu Beginn des Schuljahres 84/85 wurde ein großes Jubiläumsfest mit Festakt gefeiert. Die Gebrüder Schwarz, gemeinsam Geschäftsführer des Schulträgers aus Karlsruhe, betonten in einem Interview, dass die kühnsten mit diesem Projekt verbundenen Träume übertroffen wurden. Und dass zum “unaufhaltsamen Aufstieg” der Konrad-Biesalski-Schule vor allem eines beitrug: “Energetischer Elternwille, engagierte Mitarbeiter und viele, viele Freunde.” Aber auch Direktor Seydaacks († 2020) persönlicher Einsatz über volle 30 Jahre soll an dieser Stelle ausdrücklich gewürdigt werden. Als Schulleiter formulierte er an dieser Feier ganz klar seine persönlichen Geburtstagswünsche. Da die vorhandenen Räume der KBS schon aus allen Nähten platzten, sei ein zweiter Erweiterungsbau zwingend nötig sowie ein Therapiebad sehr wünschenswert.
Damals extra aus England angereist, nahm auch der Konrektor der englischen Partnerschule in Tonbridge, Laurence Cooles, an den Feierlichkeiten teil. Doch nicht nur mit England bestanden Partnerschaften. In den 80ern reisten Schüler:innen mit ihren Lehrer:innen nach Frankreich zur Partnerschule in Eysines bei Bordeaux oder nach Brescia in Italien. Die Konrad-Biesalski-Schule war gut vernetzt. Mit dem Förderzentrum “Prof. Dr. Rainer Fetscher” in Dresden bestand darüber hinaus ein enges Verhältnis und ein intensiver auch persönlicher Austausch, man besuchte sich gegenseitig und die Dresdner Schulgemeinschaft reiste mehrmals für das Wörter Sportfest an. Schon damals trafen sich also Sonderschulen aus der Region, um ein gemeinsames Sportevent zu feiern.
Der Ausbau geht weiter (1994 – 2004)
Die Jahre zwischen 1994 und 2004 können rückblickend als „Ausbaujahre“ bezeichnet werden. Was sich Direktor Seydaack schon vor 10 Jahren gewünscht hatte, konnte nun endlich realisiert werden. 1996 wurde der neue Gebäudekomplex mit Therapiebad und Räumen für die Berufsschulstufe gebaut. Mit dem Warmwasserbad ergaben sich neue Formen der Physiotherapie vor allem für Kinder mit Spastiken, die sich im 33 Grad warmen Wasser entspannen können. Doch auch für die Gemeinde Wört ist das Bad eine Bereicherung, denn örtliche Vereine wie die Rheuma-Liga dürfen das Bad bis heute mitnutzen. Mit dem Bau der Berufsschulstufe entspannte sich auch die räumliche Situation im Hauptbau. Mit 160 Schüler:innen im Jahr 1994 ging nämlich das stetige Wachstum der KBS weiter.
Kurz vor der Jahrhundertwende im Jahr 1999 entstand in Aalen-Waldhausen die erste Außenklasse der KBS. Vom Hauptstandort Wört legte die KBS ihren Fokus immer mehr auf die Bedürfnisse von Familien vor Ort. Durch Kooperationen mit Regelschulen, die anfangs oft „nur“ Räume zur Verfügung stellten, konnten Kinder mit sonderpädagogischem Förderbedarf in ihrem bzw. näher an ihrem Wohnort beschult werden – ohne einen längeren Schulweg nach Wört auf sich zu nehmen. Eine Entwicklung der Dezentralisierung wird losgetreten, die bis heute anhält und oftmals fließend in inklusive Beschulung überging.
Auch im Bereich Schulkindergärten tat sich in dieser dritten Dekade viel: Unter dem Titel „Intensiv-Kooperation“ startete der Rosengarten in Wasseralfingen damit, Kinder mit und ohne Behinderung zusammen zu betreuen und zu fördern. Der Standort Heidenheim zog nach und in Wört kooperierte man erstmals 2000 mit dem katholischen Kindergarten St. Antonius. Für die Besonderheit, dass sich eine Sondereinrichtung – der Schulkindergarten – für Kinder ohne Behinderung öffnet, verwendet man heute auch den Begriff „Umgekehrte Inklusion“. Mittlerweile sind alle Schulkindergartenstandorte der KBS „umgekehrt inklusiv“, indem man auch als Träger Gruppen mit Kindern ohne Behinderung betreut. Sie tragen zurecht den Namen „inklusive Schulkindergärten“. Kooperiert wird auch mit kommunalen oder kirchlichen Partnern. Allen gemeinsam ist, dass eine gezielte sonderpädagogische Bildung der Kinder mit Behinderung eingebettet ist in das gemeinsame Spielen, Lernen, Leben.
Die KBS im Wandel – Umbaujahre (2004 – 2014)
Das Jahrzehnt der Veränderungen wurde mit der Verabschiedung von Direktor Michael Seydaack eingeleitet. Im Juli 2005 feierte die KBS einen Festakt zum 30-jährigen Jubiläum, dabei wurde Direktor Seydaack in den Ruhestand verabschiedet und Fachschulrat Volker Grab als sein Nachfolger eingesetzt. “ 205 Schüler besuchten damals die Heimsonderschule, 52 davon waren im schuleigenen Internat untergebracht. 168 Mitarbeiter:innen arbeiteten allein im Bereich Schule und Internat, weitere 74 in den Kindergärten. Die große Neuigkeit im Juli 2005: Die KBS wird nach 30 Jahren Ausbildungsschule und bildet ab dem Schuljahr 2005/06 Referendare aus. Auch das damalige Fachseminar in Reutlingen schickte dann Fachlehrer zur Ausbildung an die KBS. Nach dem Spatenstich im Oktober 2007 konnte der Erweiterungsbau (heute Grundstufenbau, Bauförderung 1 Million Euro) im Juli 2009 eingeweiht werden.
Die Umbaujahre betrafen nicht nur die baulichen Maßnahmen und umfassende Sanierungen in den Bestandsgebäuden, auch die konsequente Dezentralisierung der Schulstandorte nahm deutlich an Dynamik auf. Zudem veränderten sich die Unternehmensstrukturen der Trägergesellschaft der KBS. Zum Jahreswechsel 2012 auf 2013 wurde die Regionalgesellschaft Reha-Südwest Ostwürttemberg-Hohenlohe gGmbH als 100-prozentige Tochtergesellschaft des Konzerns Reha-Südwest für Behinderte gGmbH in Karlsruhe ausgegründet. Ron Geyer und nun Direktor Thomas Buchholz (Nachfolger von Direktor Volker Grab, jetzt Bürgermeister der Stadt Ellwangen) übernahmen die Geschäftsführung und fungierten somit auch als Schulträger. Die kurzen Abstimmungswege – mit den staatlichen Schulämtern, aber auch mit den Landkreisen in der Raumschaft – ermöglichten neue Handlungsspielräume. Davon profitierte die Entwicklung der KBS mit ihren vielfältigen kooperativen Organisationsformen (Außenklassen) und wachsenden Arbeitsstrukturen in den letzten Jahren sehr.
Zudem verlagerte sich der pädagogische Fokus mehr in Richtung nachschulische Welten. Mit der Ausgangsfrage „Was erwartet unsere Schüler und Schülerinnen nach der Schule?“ begründet sich 2011 ein neues Konzept der Berufsschulstufe und der Berufsvorbereitenden Einrichtung mit dem Ziel, Schüler:innen auf ein möglichst selbstständiges Leben vorzubereiten.
Die Wachstumsjahre: Inklusive Schulkindergärten auf Expansionskurs (2014 – 2024)
2014, zum 40-jährigen Jubiläum der KBS, ist noch mehr als die vorherigen Jahre von Wachstum geprägt. Die Schülerzahlen nähern sich der 400er-Grenze. Auch im vorschulischen Bereich befinden sich die inklusiven Schulkindergärten auf Expansionskurs. Um verfügbare Räumlichkeiten bereitzustellen, investiert der Schulträger RSW-OWH gGmbH zusammen mit dem Mutterkonzern in Karlsruhe in Neubauten. 2014 eröffnete in Heidenheim der neu gebaute Schulkindergarten der „Villa Kunterbunt“, 2018 erweiterte man den Schulkindergarten „Rosengarten“ in Aalen-Wasseralfingen um einen Anbau und 2019 schließlich entstand der moderne und nachhaltige Neubau des Schulkindergartens „Stromboli“ mitten in der Gemeinde Wört. Dabei sei auch der Schulhausneubau in Crailsheim hervorgehoben – ein Außenstandort der KBS, der an die Kooperationsschule Astrid-Lindgren-Schule angebaut wurde. Mit dem modernen Gebäude erfüllte sich für Abteilungsleitung Sibylle Beyer-Frank ein Herzenswunsch. Sie hat über Jahre die Kooperation mit Regelschulen vorangetrieben und mit viel Engagement im Raum Crailsheim inklusive Bildung auf einen neuen Standard gesetzt. Allen Gebäuden gemein ist ein innovatives Raumkonzept, das auf die Bedürfnisse der Kinder mit sonderpädagogischen Bildungsanspruch ausgelegt ist.
Ebenso stand und steht eine energieeffiziente Bauweise immer im Mittelpunkt. Das Architekturbüro Helmle aus Ellwangen steht der KBS seit Jahren als verlässlicher Partner zur Seite. Momentan arbeiten sie an dem vierten Erweiterungsbau auf dem Schulcampus Wört: Gegenüber dem Grundstufenbau entsteht der Schul- und Werkstattneubau für den Bereich Berufliche Bildung. Mit der Fertigstellung des Gebäudes zum Schuljahr 2024/25 schließt sich auch der Kreis der baulichen Maßnahmen in Wört, die das Gemeindebild nachhaltig geprägt haben. 1974 hat wohl niemand damit gerechnet, dass aus einem leerstehenden Schulkomplex in einem kleinen Ort im Ostalbkreis ein sonderpädagogisches Bildungs- und Beratungszentrum mit Internat wird, das überregional für sonderpädagogische Kompetenz steht, sich immer in inhaltlicher und organisatorischer Bewegung befand und befindet und sich mit Weitblick für die Belange von Kindern, Jugendlichen und Erwachsenen mit Behinderung einsetzt.