In Dinkelsbühl und darüber hinaus ist sie bekannt als „die Malla“. Martina Thom-Roder ist leidenschaftliche Erzählerin und übt damit einen der ältesten Sprechberufe der Welt aus. Im Interview erzählt sie, wie sie dazu gekommen ist und was das Geschichtenerzählen für sie bedeutet.
Der Weg zu ihrem heutigen Beruf als Erzählerin war sicherlich kein leichter. Ihre Berufung hat sie durch einen persönlichen Umbruch gefunden. Mit 42 Jahren zwang sie eine Reihe gesundheitlicher Herausforderungen, ihren weiteren Weg zu überdenken. „Ich sage oft, dass mir das Leben Steine in den Weg legte, weil das einfacher klingt“, erzählt Martina Thom-Roder. „Doch diese Steine brachten mich dazu, innezuhalten und mich zu fragen: Was möchte ich wirklich tun?“
Der Weg zur Erzählerin
Schon als Kind im Kindergarten, als Jugendliche am Lagerfeuer oder später für ihre eigenen Kinder wusste Martina, dass das Erzählen ihr Weg sein musste. Ein Storytelling-Schnupperwochenende zeigte ihr eine Möglichkeit auf, ihre Leidenschaft zum Beruf zu machen. Ihr war klar: „Ich werde Erzählerin! Eine Geschichtenerzählerin, die frei erzählt, ohne Buch, ohne Skript, einfach mit meiner Stimme, weil die doch – anders als mein Körper – funktioniert.“
Also absolvierte Martina eine umfassende Ausbildung als Erzählerin. Teil dieser waren Themen wie freies, mündliches Erzählen, Ausdruck, Stimme, Sprache, aber auch das Verstehen von Geschichtenstrukturen sowie kreatives Schreiben und Schauspiel. Die Ausbildung veränderte für sie alles. „Ich habe neuen Lebensmut gefunden“, sagt Martina.
Als Erzählerin in Dinkelsbühl
Ein glücklicher Zufall führte sie nach Dinkelsbühl, wo man Gästeführer suchte. So begann sie 2020 als Gästeführerin für die Sagen- und Geschichtenführungen der Stadt. Nur kurz darauf bot sich ihr durch den Freunde der historischen Spiele e.V. eine einzigartige Gelegenheit, ihre eigenen Erzählabende im Rothenburger Torturm zu veranstalten.
Gleichzeitig begleitete sie in Dinkelsbühl die Rauhnächte mit Naturwissen, altem Wissen und veranstaltete weitere Geschichtenabenden im Haus der Geschichte – alles mit großem Erfolg. „Das Haus der Geschichte bot mir eine eigene Jahreszeiten-Erzählreihe mit vier Abenden plus zwei Sonderveranstaltungen an – mittlerweile sind wir im zweiten Jahr und der Medienraum mit seinen 55 Sitzplätzen ist jedes Mal ausgebucht“, berichtet Martina. Auf ihrem Weg als Erzählerin erhält sie tatkräftige Unterstützung durch die Stadt selbst, den Touristik Service Dinkelsbühl, das Haus der Geschichte, aber auch durch das Limeseum Ruffenhofen sowie den Touristikverband Franken mit dem Hesselberg.


Die Geschichtenabende der „Malla“ sind stets gut besucht und ziehen Jung wie Alt in ihren Bann. Fotos: privat
„Die Malla“ entsteht
Ihr Spitzname „Malla“ entstand bereits lange bevor sie Erzählerin in Dinkelsbühl wurde. Genau genommen stammt dieser Name von ihrer Urgroßmutter Magdalene, die ebenfalls eine tolle Geschichtenerzählerin war. „Meine Urgroßmutter nannte mich kleine Malla und meinte immer, ich könnte alles sein, was ich will“, verrät Martina. Heute ist sie das, was sie sein will – eine Erzählerin. „Der Name Malla schien mir da passend“, erzählt sie weiter. „Meine Urgroßmutter wohnt in mir und ihre Geschichten leben auch durch mich weiter.“
Die Liebe für Geschichten
Ihre Leidenschaft und Liebe für Geschichten gibt Martina – oder eben „die Malla“ – durch ihre Erzählungen, aber auch durch Workshops und Vorträge unter anderem zum Thema Storytelling weiter. „Ich möchte die Menschen daran erinnern, innezuhalten, sich wieder auf das gesprochene Wort einzulassen und ihnen ein Kino im Kopf zeigen – ganz ohne Leinwand, nur mit der Kraft der Fantasie“, erzählt sie.
Ihre Erzählungen sind dabei sowohl für Erwachsene als auch für Kinder geeignet, wobei sie bei Erzählabenden für Erwachsene oft tiefgründige und nicht für Kinderohren geeignete Geschichten erzählt. „Es gibt einen Satz“, sinniert Martina, „Kindern erzählt man Geschichten damit sie einschlafen, Erwachsenen erzählt man Geschichten, dass sie aufwachen. Vielleicht bin ich eher die, die aufwecken will. Meine Gäste, mich …“
Eines jedoch haben ihre Geschichten gemeinsam: Sie sind tief berührend und vermitteln ihre Leidenschaft fürs Erzählen. Die Geschichten der Malla regen zum Lachen, Weinen oder Nachdenken an. So bleibt ein Abend mit der Malla auch im Nachhinein noch lange in Erinnerung – bei Jung und Alt.
Termine mit der „Malla“:
- Themenspaziergang durch Dinkelsbühl jeden 2. Sonntag im Monat
- 14 bis 15:30 Uhr
- Ort: Tourist-Information
- Preis: Erwachsene 9 Euro, Kinder 7 Euro
- Themen: April – Ostern, Mai – Walpurgis, Juli – Kinderzeche/30 jähriger Krieg für Familien, August – Sommerferien, September – Herbstbeginn, Oktober – Erntedank, November – Fisch, Dezember – Rauhnächte
- Geschichtenabend zur Walpurgisnacht
- Dienstag, 29. April 2025, 19:30 bis 21:30 Uhr
- Ort: Haus der Geschichte
- Eintritt frei
- Sommernacht
- Freitag, 20. Juni 2025, 19:30 Uhr
- Ort: Haus der Geschichte