Bei den einen zaubert ihr Anblick Entsetzen ins Gesicht. Andere halten sie für eine Delikatesse. Kutteln sind in den Wintermonaten in aller Munde. Für viele Besucher des Kalten Markts in Ellwangen sind sie ein Muss. Denn wenn das Pferdeereignis stattfindet, wird diese Spezialität zum Nationalgericht.
Seit fünf Generationen gibt es die Metzgerei und die Gaststätte Goldenes Kreuz in Ellwangen und seit 1887 wird das Kuttel-Rezept weitergereicht. „Das kann ich Ihnen nicht geben“, sagt Mirjana Rief, die mit ihrem Mann Josef die Geschäfte geführt hat. Inzwischen hat ihr Sohn Johann übernommen, der auch Metzgermeister ist. Sein Bruder Josef macht Buchhaltung und Gastro.
Doch ein paar Einblicke in diese spezielle Innerei der Kuh geben die Riefs. In Deutschland wird überwiegend nur der Pansen als Kutteln angeboten. Die anderen drei Kuhmagen – Netzmagen, Blättermagen und Labmagen – werden beispielsweise in Italien und Frankreich verarbeitet.
Kuttel-Hochsaison
Kutteln sind ein Winteressen. Zum Kalten Markt in Ellwangen haben sie Hochsaison. Dann werden in der Wurstküche des Goldenen Kreuzes zwischen 500 und 600 Kilo davon gekocht. „Früher – zu Zeiten meines Großvaters – wurden diese spezielle Innerei noch selbst gewaschen und geschnitten“, erzählt der Metzgermeister Johann Rief. Seit es in Ellwangen keinen Schlachthof mehr gibt, kommt diese Spezialität jedoch fertig geschnitten vom Großhändler ihres Vertrauens. Sie werden auf den Tischen ausgebreitet und nochmal genau begutachtet und alles, was nicht gut aussieht, wird aussortiert.
Die Basis für Riefs Kutteln, das wird verraten, ist die Bräune, eine Mehlschwitze. In der Soße werden die Pansenstreifen dann zweieinhalb Stunden gekocht. „In unserer Wurstküche hat es 50 Grad, wenn wir kochen“, beschreibt Mirjana Rief. „Kutteln, die nur kurz aufkochen, sind keine Kutteln“, findet sie.
Innerhalb von drei bis vier Tagen Kalter Markt ist die Spezialität ausverkauft. Dann kochen die Riefs nochmal im Februar Kutteln zum Eindosen ein, die man das ganze Jahr über bekommt. „Wir haben Kunden, die holen sich diese Leckerei auch im Sommer“, sagt die Expertin. Sie findet es schade, dass Innereien so in Verruf geraten sind. Es sind doch Spezialitäten.
Die Autorin dieser Zeilen hat sich eine Dose besorgt – nicht nur fürs Foto – und muss sagen: Nicht schlecht! Und: Was für eine Soße! Gebt den Kutteln eine Chance!
Info:
Der Konsum der Innereien ist seit den 80er Jahren stetig zurückgegangen. Doch sind Kutteln in Italien, Frankreich, Spanien, der Türkei und in Südosteuropa nach wie vor fester Bestandteil der kulinarischen Kultur. In Portugal ist die Dobrada, ein Bohneneintopf mit Kutteln, beliebt. In Ungarn kocht man sie als Gulasch. Es lohnt sich, das eine oder andere Rezept zu googeln und dieser Spezialität auf dem Speiseplan ein Plätzchen einzuräumen. Der MaskedChef zum Beispiel schwärmt von der französischen Variante Tripes à la mode de Caen: „Es ist weder schleimig noch igitt. Fast leichtfüßig frisch, gemüsig und doch gehaltvoll kommt der Geschmack daher.“
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