Der Ellwanger Peter Koppen hat der Kunstwelt ein besonderes Geschenk gemacht: Microships. Seine winzigen, gefalteten Schiffchen arrangiert er zu außergewöhnlichen Kunstwerken. Selbst der Faltprozess ist ein Kunsterlebnis, weil er ihn gewitzt in technische Salven hüllt. Hoffentlich sind seine Werke bald wieder in Ellwangen zu sehen. Seine kleinen Schiffe sind große Kunst.
Kapitän Koppen am Werk. Geschickt manövriert er ein winziges Stück Papier – etwa DIN 13 – in seinen nicht gerade feingliederigen Fingern. Das faszinierende Falten kommentiert der 75-Jährige wortgewandt und höchst unterhaltsam: erste Halbfaltung, zentralachsensymmetrische Bauweise, außendiagonales Falten. Und noch ein bisschen Fachjargon bis zur präfinalen Streckung, der Stabilisierungspressung und dem final shaping. Insgesamt sind es 15 kommentierte Faltvorgänge. Fertig ist ein acht Millimeter großes Schiffchen samt „Volltext-Performance“. Das Werk kommt in ein Trägersystem für Microships – ein kleines Kunststoffschächtelchen, damit das Kunstwerk nicht verloren geht. „Das Trägersystem für Microships steigert die Leistungsfähigkeit des Nutzers“, fabuliert der Freigeist munter weiter. „Vom Verzehr ist abzuraten.“ Es ist eine Freude, ihn im Café Omnibus in Ellwangen zu erleben.
Systemabsturz und Wirbelschaltung
Seit mehr als fünf Jahrzehnten faltet Peter Koppen nicht nur Microships, er arrangiert sie zu einnehmenden Kunstwerken. Und auch dabei bewegt sich seine Sprache und die Titelvergabe der Bilder in technischer Terminologie: Zentralschaltung mit Störfeld, kontrollierte Wirbelschaltung oder Systemabsturz heißen seine Werke.
Als er sechs Jahre alt ist, kommen Faltschiffe in sein Leben. Sein Vater zeigt ihm die Herstellung. Weil er nervöse Finger und Asthma hat, hält er sich lieber ans Falten und legt die Zigaretten zur Seite. Mitte der 70er Jahre zieht Peter Koppen nach Stationen in Australien und Berlin nach München. Er bricht sein Philosophiestudium ab und arbeitet erst als Nachtwächter, dann als Busfahrer. Bis heute ist er Kapitän am Steuer eines Busses und Bustickets sind für ihn ein wichtiger Rohstoff zum Falten.
Im Fernsehen präsent
1984 nimmt er Kurs auf seine Kunstkarriere auf und ihm gelingt der Seiteneinstieg in die Kunstszene. Sein erstes Werk besteht aus sieben Microships. Er stellt in Galerien aus. Findet Fans und Käufer. IT-Konzerne wie IBM oder Softwarefirmen werden auf ihn aufmerksam und zeigen seine Werke. Er ist auch gern gesehener Gast im Fernsehen. Bei Ilona Christensen hat er im Fernsehgarten gefalzt, gefaltet und seine Arbeitsschritte humorig erklärt.
Auch bei Margarete Schreinemakers tritt er auf. In der Miniserie „Die Zeit ist reif für Ernst Eiswürfel“, die im Rahmen der Kultsendung „Live aus dem Alabama“ vom Bayerischen Rundfunk ausgestrahlt wird, spielt sich Peter Koppen mehr oder weniger selbst. Das Bayerische Fernsehen macht ein Portrait über ihn in der Reihe „Lebenslinien“. Anfang der 90er Jahre ist der Höhepunkt seiner künstlerischen Karriere. Als er 1991 auf der Düsseldorfer Boot ausstellt, gibt er 15 Radio- und 7 Fernsehinterviews!
Der Betriebswirt spricht
Zahlen gehören auch zu Peter Koppens Leidenschaften. Er hat schließlich auch ein bisschen Betriebswirtschaft in Berlin studiert. Etwa 300 000 Microships habe er gebaut. „Eigentlich wollte ich, bis ich 77 Jahre alt bin, 1 Million geschafft haben“, berichtet er. Bei dem kleinen Format (DIN13 und DIN14), das er faltet, entsteht ein Ausschuss von 50 Prozent. In Ellwangen habe er 10 Prozent vom Gesamtumsatz seiner 1600 Bilder verkauft. „Das macht 1,75 Euro pro Einwohner“, spricht der Betriebswirt aus ihm.
Westentaschenpapierlager
Sein Rohstofflager hat Peter Koppen immer bei sich: Seine Westentaschen sind nicht nur wegen des Papiers ausgebeult. Er trägt dort auch ein Taschenmesser mit Schere, Autogrammkarten und drei Smartphones bei sich. Die braucht er, um Funklöchern möglichst zu umgehen. Denn er führt ein sehr mobiles Leben. Er arbeitet wieder als Busfahrer in München, verbringt aber auch regelmäßig Zeit in Ellwangen.
Am Haselbachstausee residiert er in einem Wohnwagen. So ist Kapitän Koppen nah am Wasser. Er hat sich fest vorgenommen, sein Schlauchboot zu reparieren. Aber die Microships haben Priorität. Bis heute hat er etwa 1600 Bilder verkauft. Seine schaffigen Finger sind nach wie vor fleißig am Falten. Für eine Ausstellung in Ellwangen wäre es mal wieder Zeit. Vielleicht zur Landesgartenschau. Schließlich gehören die Microships inzwischen genauso zu Ellwangen wie die Jagst.
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Info:
Peter Koppen wurde 1947 in Ellwangen geboren. Als er sechs Jahre alt war zeigt ihm sein Vater, wie man Papierschiffchen faltet. Sein Versuch, nach Kanada abzuhauen, da war er 12 Jahre alt, scheiterte. 1968 – gerade volljährig, wandert er nach Australien aus.
Er studiert Betriebswirtschaftslehre und Philosophie, wohnt in Berlin, dann in München, wo er bis heute als Linienbusfahrer arbeitet.
1984 erfolgt sein Seiteneinstieg in die Kunstszene: Er ist der führende Hersteller von Microships. Etwa 300 000 hat er gefaltet und 1600 Werke verkauft.
Der Bayerische Rundfunk hat in seiner Doku-Reihe „Lebenslinien“ 1997 über Peter Koppen ein Portrait gemacht. „Von der Leidenschaft eines Busfahrers“ bietet einen spannenden Einblick in sein Leben und seine Arbeit.
Infos und jede Menge Koppen-Humor gibt es auch unter www.peterkoppen.de