Von Hexen, feurigen Spektakeln und ehrlichem Essen 

Im Herzen von Ellwangen, eingebettet in die beschauliche Kulisse der historischen Altstadt, liegt die Weinstube Kanne. Ihre Betreiber Wolfgang und Hariolf Kirsch sind in und mit der Kanne groß geworden. Die Geschichte des Gemäuers selbst reicht viel weiter zurück und erzählt von Herausforderungen, aber auch von beschwingten Tagen in der Gaststube und feurigen Spektakeln. 

Als „uralt“ wird die Weinstube Kanne im Ellwanger Jahrbuch von 1954/55 beschrieben. Passenderweise, denn erste Erwähnungen der Wirtschaft gibt es bereits Anfang des 17. Jahrhunderts. Es ist eine Zeit, die düstere Erinnerungen an die Hexenverfolgungen in Ellwangen wachruft. Unberührt bleibt die Geschichte der Kanne dadurch nicht. Nachdem eine damalige Besitzerin der Hexerei beschuldigt wird, geht das Gebäude an die nächsten Besitzer. Über die Jahrzehnte und Jahrhunderte wurde die Gastwirtschaft immer wieder verkauft, von Familie zu Familie und von Vätern zu Söhnen weitergegeben. Trotzdem entwickelte sich die Kanne zu einem der besten und bekanntesten Gasthäuser Ellwangens. Wo einst Met ausgeschenkt wurde, kamen später Wein und Bier hinzu. Ihr heutiges Aussehen bekam die Kanne gegen Ende des 18. Jahrhunderts durch Ignaz Häfele, den Hofmaurermeister zu Ellwangen. Nun steht die Kanne als dreigeschossiges Gebäude mit Mansardenwalmdach in ihrer ganzen Pracht am Ende der Spitalstraße und ist in Ellwangen und darüber hinaus bekannt. 

Mit viel Leidenschaft kümmern sich die Brüder Hariolf und Wolfgang Kirsch um die Kanne und ihre Gäste.
Fotos: mh, Kanne

Eine Wirtschaft wird zum Familienbetrieb 

Genauso bekannt wie die Kanne selbst sind auch ihre jetzigen Besitzer, die Brüder Wolfgang und Hariolf Kirsch. Seit 1894 ist die Gastwirtschaft in Familienbesitz. „Wir betreiben die Kanne in der vierten Generation als Gastwirtschaft“, sagt Hariolf Kirsch. Dass es so kommen würde, hatten sie zuerst nicht erwartet. Während Hariolf Kirsch ein Studium zum Diplom-Ingenieur absolvierte, verschlug es seinen Bruder Wolfgang zur Telekom. Die Kanne sollte an ihren älteren Bruder gehen, ehe er von diesem Plan abwich. Daher entschlossen sich Hariolf und Wolfgang Kirsch nach intensiven Überlegungen dazu, die Gastwirtschaft stattdessen selbst zu übernehmen. Ehe die Kanne im Jahr 2001 auf die beiden überging, absolvierte Wolfgang Kirsch zusätzlich eine Kochlehre. „Wir sind in der Kanne aufgewachsen“, sagt Hariolf Kirsch. Dass das Gebäude nicht länger in Familienbesitz wäre, kam für sie nicht infrage. „Ich weiß noch, wie ich als Kind immer nach unten schlich, um neben dem Stammtisch zu liegen, wenn ich nicht schlafen konnte“, erzählt er. 

Im Stil der Kanne 

Diese tiefe Verbundenheit zu dem Gebäude, die durch solche Erinnerungen und in jedem Wort spürbar ist, zeigen die Brüder sowohl in ihrer Pflege für die Kanne als auch in ihrer Arbeit. „Wir möchten die Kanne im Stil unserer Eltern fortführen“, erklären die beiden. Dazu steht an erster Stelle, dass Gäste mehr als Gäste sind. Es ist eine herzliche, fast schon familiäre Atmosphäre, die zwischen den Stammgästen und den beiden Brüdern herrscht. Schon ihre Eltern hatten viel Zeit und Arbeit in die Kanne gesteckt. Ende der 1950er-Jahre wurden erste Neugestaltungen vorgenommen, wie die Gestaltung einiger Nischen, um gemütlich beieinanderzusitzen. 1992 wurde die Kanne durch einen Anbau erweitert. Immerzu wurde auch modernisiert und nach und nach saniert. Wichtig dabei war stets, den Stil der Kanne zu erhalten. Viele dieser Maßnahmen fielen in die Zeit von Corona. „Unsere Gäste haben bei ihrer Rückkehr nach den Lockdowns von den meisten Renovierungen gar nichts gemerkt“, erklärt Hariolf Kirsch zufrieden. Genau das war das Ziel und es beweist, dass es ihm und seinem Bruder gelungen ist, den Charme der Kanne, trotz notwendiger Sanierungen, zu erhalten. 

Feurige Spektakel und gute Laune 

Feurig geht es zu beim Servieren der Feuerzangenbowle – ein Ereignis, auf das die Gäste hin fiebern.

Auch heute noch versammeln sich die Gäste treu in der Kanne, um gemeinsam eine gesellige Zeit zu haben. Das schließt Wolfgang und Hariolf Kirsch mit ein. Nicht nur das Verhältnis zwischen den Brüdern und ihrem kleinen Team an Mitarbeitenden ist eng, sondern auch das zu ihren Gästen. Die Brüder sind Wirte zum Anfassen. „Ich bin kein Koch, der sich hinter dem Herd versteckt“, sagt Wolfgang Kirsch. Er braucht den Kontakt zu den Gästen. Wenn er nicht in der Küche steht, mischt er sich gerne unter die Gäste. Seine Leidenschaft und Überzeugung für seinen Beruf sind in seinen Speisen zu schmecken. Es ist eine handgemachte und vor allem ehrliche Küche. Für einen Abend guter Laune sorgen aber nicht nur leckere Speisen und das Beisammensein, sondern auch ein ganz besonderes Alleinstellungsmerkmal. Wenn die Tage kürzer werden, weiß jeder, dass in der Kanne feurige Spektakel warten. Zeit für die Feuerzangenbowle. „Ende der 50er, Anfang der 60er gab es noch keine richtige Kneipengesellschaft in Aalen. Daher sind viele Gäste von außerhalb nach Ellwangen gekommen“, erklärt Hariolf Kirsch. Mit ihnen brachten sie die Idee, in der Kanne Feuerzangenbowle anzubieten. Eine Idee, die bereits vom Vater der beiden Brüder begeistert aufgenommen wurde. Noch heute wird das Servieren der Feuerzangenbowle zelebriert. „Es ist immer ein Erlebnis, wenn sich der Duft im ganzen Lokal ausbreitet“, schwärmt Hariolf Kirsch. Es sind Abende voller Lachen, freundschaftlichem Miteinander und einem feurigen Highlight. 

In der Kanne willkommen 

„Wir hoffen, dass es weiterläuft wie bisher“, sagen die Brüder. In der Kanne steckt ihre Leidenschaft. Ihre Arbeit machen sie gerne und aus voller Überzeugung. Auch für die kommenden Jahre hoffen sie auf fröhliche Zeiten und Abende voll guter Laune in der Kanne. Willkommen sind alle Gäste, sowohl aus Ellwangen als auch dem magischen Dreieck. Was sie in der Kanne erwartet, sind eine gemütliche Atmosphäre, ein familiäres Miteinander und zwei Brüder, die – ebenso wie die Wirtschaft selbst – Unikate sind. 

mh

Eine kurze Chronik 

  • Erste Erwähnung der Gastwirtschaft „Kanne“ vor 1612, betrieben als Metsiederei. 
  • 1612 bis 1715: Über Philipp Schober, Rudolf von Westerstetten und Maister Sixt Betmesser gelangt die Kanne in den Besitz der Familie Oberbach. 
  • 1730: Die Kanne besitzt die „Schankgerechtigkeit“, die Berechtigung zur gewerblichen Bewirtung von Gästen in einer Gaststätte. 
  • 1769: Verkauf an Ignaz Häfele und Umgestaltung des Gebäudes. 
  • 1894: Übergabe an Anton Kirsch. 
  • 1955: Übergabe an Sohn Hans Kirsch und Renovierung der Gasträume. 
  • 1970: Witwe Frida Kirsch übergibt die Kanne an den Sohn Hans, der auch als „Kannen-Hans“ bekannt ist. 
  • 1992: Die Kanne wird durch einen Anbau erweitert und wird zum gastronomischen Betrieb. 
  • 2001: Der Betrieb geht in die Hände der Söhne Wolfgang und Hariolf Kirsch.